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'Bilder des Krieges' - Authentizität und Konstruktion des Krieges an Beispielen aus der Grafiksammlung 'Mensch und Tod'

Projektleitung: Prof. Dr. Jörg Vögele

Pressetext

Die Grafiksammlung Mensch und Tod der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, betreut vom Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, ist eine der bedeutendsten im Kontext der Themen um Totentanz, Vanitas und Memento Mori. Ein essentielles, bislang allerdings wenig aufgearbeitetes Thema ist der Krieg als dauerhafter Begleiter der Menschheitsgeschichte. Entsprechend zahlreich sind die Grafiken, die den Krieg in unterschiedlichster Form und in all seinen Facetten darstellen. Dabei war das Bild vom Krieg einem stetigen Wandel unterworfen. Mit dem Wandel der Kriegsführung – vom Kampf Mann gegen Mann zu Luft- und Seeschlachten – veränderten sich auch die Darstellungen: Vom stolzen Ritter, der im Reigen mit dem Tod diesem wie alle anderen Standesvertreter auch zum Opfer fällt, bis hin zum anonymen Soldaten im Durcheinander des Schlachtengetümmels, bei dem der Tod als General das Kommando führt, den Torpedo abschießt oder die Bomben wirft. Zahlreiche Künstler waren selbst Kriegsteilnehmer und erlebten den Schrecken der Schlachtfelder, die grausamen Verletzungen und Verstümmelungen hautnah mit. Oder sie waren Zeitzeugen, die Kriegsopfer in der Familie betrauerten.

Es war also an der Zeit, sich diesem Schwerpunkt zu widmen. Studierende der HHU haben im Rahmen des Seminares Bilder des Krieges mit Grafiken aus der Sammlung Mensch und Tod eine Online-Ausstellung konzipiert. Unter www.bilderdeskrieges.de eröffnete Mitte Februar 2022 die gleichnamige Ausstellung mit rund 30 Exponaten, die sich in fünf Themenfelder einordnen: Ritter und Landknechte, Auf dem Schlachtfeld, Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg.

Die Ausstellung untersucht das Bild des Krieges als Konstruktion in historischer Perspektive mit seiner kunsthistorischen Ausprägung, wie sie sich in den Grafiken niedergeschlagen hat. Der zeitliche Schwerpunkt liegt auf dem 20. Jahrhundert mit den beiden Weltkriegen, in denen eine massive strategische und technische Entwicklung der Kriegsführung stattfand, die tiefe Spuren in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen hinterließ. Dies waren die Kriege, in denen erstmals mehr Personen durch Kriegseinwirkungen denn durch Infektionskrankheiten starben und in denen moderne Waffen ihre grausame Wirkung sowohl für die Soldaten als auch die Zivilbevölkerung entfalteten. Insbesondere die Erfahrungen auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs, auf denen Soldaten oft bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurden oder nicht geborgen werden konnten und lediglich die Erkennungsmarke auf das individuelle Schicksal hinwies, gruben sich tief in das kulturelle Gedächtnis. Die Angst vor der Atombombe schließlich prägte die Jahre des Kalten Krieges und ließ ein Schreckensszenario für Mensch, Tier und Umwelt am Horizont heraufziehen. Und selbst wenn der Krieg aus Westeuropa derzeit verschwunden ist, ein Besuch der Schlachtfelder, wie etwa des 1914 bis 1916 so erbittert umkämpften Hartmannsweiler Kopf im Elsass, erschüttert bis heute und zeigt als Erinnerungskultur die unauslöschlichen Spuren, die Krieg hinterlässt.



Ausgangssituation und Motivation

Die Grafiksammlung Mensch und Tod folgt dem Bildungs- und Vermittlungsauftrag der medizinischen und philosophischen Fakultät und setzt bei der Frage an, wie wissenschaftliche Erkenntnisse weit über die Dauer von Ausstellungen und Projekten hinaus bewahrt werden können und mittels eines diversifizierten Vermittlungsangebots individuell zugänglich gemacht werden können. Dabei ist die Digitalisierung ist nicht erst seit Pandemie-Zeiten auf dem Vormarsch. Zahlreiche Museen haben vorgemacht, dass der digitale Raum ein zentrales Element sein kann, wenn es um die Erweiterung des Bildungsauftrags im Sinne von Partizipation und Barrierefreiheit geht. Losgelöst von zeitlichen und räumlichen Komponenten ermöglicht eine digitale Ausstellung eine unbegrenzte Reichweite und einen uneingeschränkten Zugang zu (kunst-)historischen Inhalten. Darüber hinaus bietet sie der Grafiksammlung Mensch und Tod die Möglichkeit ihren Bildungsauftrag in den digitalen Raum zu erweitern, was wiederum für die Studierenden einen uneingeschränkte Zugriff auf dieses kunsthistorische Wissen bedeutet. Zudem bietet das digitale Ausstellungsformat im Prozess der Entstehung viele Partizipationsmöglichkeiten für die Teilnehmenden.

 

Ziele und Zielgruppen

Ziel des Projektseminars im Kontext eines eLearning Projekts war es durch eine multiple Vernetzung von Inhalten eine digitale Ausstellung von einschlägigen Arbeiten aus der Grafiksammlung Mensch und Tod zu konzipieren und damit neue Wege in der Darstellung, Erzählung und Vermittlung von Wissen zu beschreiten. Dabei richtete sich an Seminar an Studierende der Geschichte sowie Kunstgeschichte, um das Thema sowohl aus historischer Perspektive als auch mit seinen kunsthistorischen Niederschlägen zu betrachten. Das Seminar bot über eine praxisbezogene und anwendungsorientierte Arbeitsweise – neben historischen Lerninhalten – die Möglichkeit, erste Erfahrungen in der Ausstellungskonzeption und im Arthandling sowie praktische Erfahrung im Umgang mit diversen Webtools und der Nutzung unterschiedlichster Dokumentationsmöglichkeiten zu machen.

Das Seminar legte eine verstärkte Konzentration auf Einübung und Schulung von digitalen Kompetenzen, Umgang mit Digitalisierungsthematiken in Bezug auf Kunstwerke, digitale Wissenskommunikation, etc. und bietet in diesem Zusammenhang Raum für selbstgesteuerte, kollaborative und individuelle Lernprozesse, jenseits klassischer Seminargefüge.

Die Transferleistung wissenschaftliche Inhalte seriös essayhaft und Publikumswirksam für eine breite Öffentlichkeit aufzubereiten sowie die Relevanz für eine innovative und differenzierte Wissensvermittlung wurden geschult. Am Ende des Seminars stand ein konkretes Ergebnis: die digitale Ausstellung Bilder des Krieges, die wissenschaftliche Arbeit sichtbar und praktisch nutzbar macht.
 


Umsetzung

Das Projektseminar baute sich in vier auf einander folgende Sektionen auf: Zu Beginn des Seminars wurden die Studierenden an die historischen und methodischen Inhalte (das Bild vom Krieg im Wandel, Totentanz, Grafiksammlung Mensch und Tod, Ausstellungskonzeption, Werkanalyse und -beschreibung) herangeführt. Bei insgesamt 29 Teilnehmer:innen fanden diese ersten Stunden in Präsenz statt. Gemeinsam wurde das Thema Bilder des Krieges erarbeitet und in Themenblöcke unterteilt. Diese thematische Gliederung bildet zum einen den inhaltlichen Leitfaden für die digitale Ausstellung und bot zudem die Möglichkeit die Studierenden in Kleingruppen aufzuteilen und fokussiert auf einen thematischen Schwerpunkt anzusetzen.

In der zweiten Sektion wurden die methodischen Werkzeuge erarbeitet, die in Bezug auf eine digitale Wissensvermittlung notwendig und auch bei der Konzeption der digitalen Ausstellung relevant waren. Genauso galt es die Parameter auszumachen über die Informationen attraktiv und eventuell auch spielerisch an eine Öffentlichkeit verteilt werden können.

Eine dritte Phase widmet sich alleinig der Ausstellungskonzeption. Hier mussten die Exponate, den einzelnen Themenblöcken folgend, ausgewählt und digitalisiert werden. Dieser Teil wurde in Kleingruppen bearbeitet und konnte vor Ort mit den Originalgrafiken stattfinden. Dabei lernen die Studierenden erste Formen des Arthandlings kennen. Dabe war jede:r Studierende für die inhaltliche Bearbeitung einer Grafik zuständig. Zudem gab es die Aufteilung in die Logistik betreffende Arbeitsgruppen: Bau der Webseite, Redigieren der Texte, Vertonung und digitale Verarbeitung der Texte für die Audioguides, Social-Media und Grafik.

Die letzte Sektion war die Erstellung der Webseite als Plattform für die digitale Ausstellung. Die Studierenden erarbeiteten selbstständig Aufbau sowie Inhalt und entwickeln gemeinsam neuartige Konzepte für eine umfassende Wissensvermittlung, die verstärkt auf interaktive, partizipative und narrative Elemente setzt.

Die Webseite wurde mit dem Baukastensystem des Anbieters WIX erstellt.

Zum Ende des Seminars fand eine digitale Ausstellungseröffnung statt, bei der die Studierenden inhaltlich durch die Webseite und ihre Funktion geführt haben.

 

Ergebnisse und Ausblick
Als Ergebnis des Projektseminars Bilder des Krieges steht eine Webseite, die Exponate aus der Grafiksammlung Mensch und Tod vollumfänglich zugänglich macht. Die intuitive Handhabung der Webseite, sowie die visuelle und akustische Erfahrbarkeit sind auf ein heterogenes Publikum angelegt und zielen auf eine breite Teilhabe: Die Grafiken sind im Zoom-Modus näher zu betrachten und werden über Texte näher erläutert. Diese sind in der Tradition eines Audioguides vertont, um die Ausstellung über eine weitere Sinnesebene erfahrbar zu machen. Dabei lernten die Studierenden die Möglichkeiten ihrer eigenen Stimme kennen und bekamen Ansätze des professionellen Sprechens vermittelt. Im Laufe des Seminars eigneten sich die Studierenden neben den inhaltlichen Konzepten viele Parameter, die für eine digitale Vermittlung von Wissen relevant sind, an. Dabei ging es neben dem klassischen Bauen einer Webseite auch darum, auf welchen digitalen Wegen Informationen dokumentiert, archiviert und auch wieder abgerufen werden können und welche Schwierigkeiten entstehen. Hier sei auf die Rechtsfrage im Kontext von VG Bild und Copyright verwiesen.

Dieses Projektseminar hat gezeigt, wie sinnvoll die Digitalisierung von Kunstwerken aus der Grafiksammlung zukünftig sein wird. Zum einen, um die Sammlung nachhaltig für die Lehre als visuelles Archiv nutzen zu können und zum anderen auch – im Interesse der Sammlung – für die eigene Sichtbarkeit.

Verantwortlichkeit: