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Online Training für Schmerzdiagnostik und Therapiemanagement in der Zahnerhaltung

Projektleitung:  Prof. Dr. Michelle Ommerborn, Dr. Nora Bergmann und Jagoda Maria Stolz

Ausganssituation:

Im Rahmen des klinischen Studienabschnitts des Zahnmedizinstudiums wird von den Studierenden erwartet, selbständig Patienten zu behandeln. Auch im fortgeschrittenen Abschnitt des Studiums fühlen sich viele Studierende im Bereich der klinischen Diagnostik bei vorstellig werdenden Patienten mit akuter Schmerzsymptomatik nicht sicher. Die bisher alleinige Vorstellung von Patientenfällen im Rahmen der kursbegleitenden Vorlesungen erscheint nicht ausreichend, um dieses Wissen in klinischen Behandlungssituationen präsent zu haben und präzise Diagnosen stellen zu können. Bei einer Vielzahl von Studierenden, gerade im 7. Semester, besteht eine große Hemmung, große kariöse Läsionen zu behandeln. Aber auch Studierende im 9. Semester werden mit klinischen Situationen konfrontiert, die sie in vorangehenden Kursen nicht geübt haben. Dabei treten häufig Unsicherheiten und Ängste auf Seiten der Studierenden auf.

Bedingt durch die SARS-COVID-19 Pandemiesituation und die damit verbundenen starken Einschränkungen im Lehrbetrieb konnten die Studierenden zum Teil die essentielle praktische Behandlungserfahrung am realen Patient in den klinischen Kursen nur eingeschränkt sammeln. Bei der alternativ angebotenen Behandlung am Phantomkopf konnten die Diagnosegespräche und klinischen Untersuchungen nur rudimentär kompensiert werden.

Ziele & Zielgruppen:

Durch das E-Learning Trainingsprogramm soll den Studierenden im klinischen Studienabschnitt nun die Möglichkeit gegeben werden, durch Lernvideos ihre theoretischen Kenntnisse zu verbessern, die praktische Umsetzung in Behandlungssituationen zu visualisieren und das Wissen in der Patientenbehandlung anzuwenden. Dadurch wird die Vorbereitung auf die eigene Behandlung am realen Patienten erleichtert und führt zu einer Verbesserung der Patientenversorgung.
Durch der Realität nachempfundene Patientenfälle werden den Studierenden in der Schmerzdiagnostik Leitstrukturen gegeben, mit denen sie eine systematische Schmerzanamnese erlernen und symptomorientiert die richtige Diagnose feststellen können.

Als weitere Ziele sind zu nennen:

  • Bessere Vorbereitung und erleichterter Einstieg in klinische Behandlungssituationen
  • Visualisierung und Vertiefung klinischer Behandlungsabläufe
  • Fähigkeit zur Zuordnung spezifischer Symptome zu einer Diagnose
  • Sicheres Auftreten der Studierenden bei der Behandlung von Patienten durch Verbesserung der diagnostischen Fähigkeiten
  • Reduzierung von Behandlungsängsten auf Seiten der Studierenden
  • zeitlich und örtlich flexible Möglichkeit der Wissensanwendung
  • Überprüfung des eigenen Wissensstandes, ohne bewertenden Charakter, da freiwilliges, unterstützendes Lernangebot in den Lernmodulen
  • Visualisierung theoretischer Inhalte und bessere Nachbearbeitung der im Präsenzunterricht vermittelten Lerninhalte
  • Praxisnahe Vermittlung klinischer Behandlungsabläufe und Systematiken
Umsetzung:

Das Projekt wurde in Form von Lernmodulen im ILIAS-Programm angelegt.
Zu Beginn der Projektlaufzeit wurden mit Unterstützung des Multimediateams verschiedene klinische Situationen und Behandlungsabläufe an Schauspielpatienten und an Modellen professionell aufgenommen. Die so entstandenen Videos wurden danach bearbeitet und mit Tonspuraufnahmen hinterlegt. Am Anfang eines jeden Lernmoduls soll das Lernvideo von den Studierenden angeschaut werden. Danach folgen zum Teil weitergehende Erklärungen in Bild- und Textform. Die Studierenden können anhand verschiedener Aufgaben ihr Wissen überprüfen und festigen. Durch die Verwendung von ILIAS konnten die Aufgaben in verschiedenen Varianten erstellt werden. So entstanden Multiple-Choice-Fragen, Single-Choice-Fragen, Anordnungsaufgaben und Hotspot/Imagemap Aufgaben. Um einen besseren Übungserfolg zu erreichen, erhalten die Studierenden bei den im Lernmodul zu bearbeitenden Aufgaben eine direkte Rückmeldung mit weiterführenden Erklärungen. Zur Überprüfung des Wissens gibt es zu einigen Lernmodulen ergänzend ein Quiz mit direkter Rückmeldung über den individuellen Lernerfolg.

Im Rahmen einer Testphase wurden die Umsetzbarkeit und Anwenderfreundlichkeit untersucht. Dabei bestand die Zielgruppe aus 31 freiwilligen Studierenden des 6., 7. und 9.Fachsemesters. Es wurde ein Lernmodul zur Befunderhebung (Abb. 1), ein weiteres Modul zur Schmerzdiagnostik (Abb. 2) und ein drittes Modul zur Schmerztherapie (Abb. 3) online gestellt.

Langfristig sollen die Lernmodule mit auf das jeweilige Fachsemester abgestimmten Schwierigkeitsgraden für die Studierenden der Zahnmedizin im 6., 7. und 9. Fachsemester semesterbegleitend freigeschaltet werden. Dabei können die Studierenden nach eigenem Bedarf auf die verschiedenen Lernmodule zugreifen um individuell ihr Wissen zu vertiefen.

Ergebnisse & Ausblick:

Vor Beginn der Testphase wurden alle Studierende der entsprechenden Fachsemester 6, 7, und 9 angesprochen, um freiwillige Teilnehmer für den Testdurchlauf zu akquirieren. Insgesamt haben sich 31 Studierende für die Teilnahme gemeldet. Für eine Evaluation der Lernmodule wurde ein Evaluationsbogen für die Online-Evaluation erstellt. Die drei Lernmodule wurden zur Bearbeitung bereitgestellt, zeitgleich erhielten alle Teilnehmer eine Einladung per Email mit den Zugangsdaten zu den Testmodulen und dem Link für die Online-Evaluation.

Die Lernmodule wurden von 30 Teilnehmern (Abb. 4) bearbeitet und evaluiert, was einer Quote von 97% entspricht. Dabei lag die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für alle Testmodule bei 44 Minuten.
Im Rahmen der Evaluation konnte auf eine große Akzeptanz des zusätzlichen Lernangebots geschlossen werden. 90% der Teilnehmer gaben an, durch die Nutzung der Lernmodule Kompetenzen erworben zu haben, die sie für das Studium als hilfreich erachten (Abb. 5). Für 70% war das E-Learning-Angebot einfach zu nutzen (Abb.6) und für 73% bietet das Programm eine sehr gute Unterstützung beim Lernen (Abb.7).  Im Freitext der Evaluation gaben viele Studierende an, dass sie sich mehr Fragen und ein einheitliches Design der verschiedenen Module wünschen würden. Mehrfach wurde die Möglichkeit der Rekapitulation und Wiederholungsmöglichkeit der Module sehr geschätzt und auch die Kombination aus Lehrvideos und Aufgaben wurde positiv bewertet.
Bei 63% lief das E-Learning-Angebot technisch einwandfrei (Abb. 8). Die im Freitext genauer beschriebenen technischen Probleme werden im Nachgang überprüft und verbessert.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich das neue Lehrangebot positiv auf die Lernmotivation der Studierenden auswirkt und vorbereitend auf die praktischen Kurse angewendet werden kann. Insgesamt 96,6 % der Teilnehmer würden die Lernmodule anderen Studierenden empfehlen (Abb. 9). Zukünftig soll im Rahmen eines integrierten Chats oder Forums eine aktive Kommunikation mit den Dozierenden bei auftretenden Fragestellungen zu den Modulen angeboten werden. Die evaluierten Module werden verbessert und mit weiteren bereits fertigen Modulen (Abb. 10) den Studierenden zur Verfügung gestellt und im zweiten Durchgang evaluiert.
Langfristig sollen durch ein begleitendes Quiz die durch das Lernmodul erworbenen Kenntnisse überprüft und das Wissen dadurch gefestigten werden. Die Lernmodule werden als fester Bestandteil der klinischen Kurse eingeführt und in die Lehre integriert. Zusätzlich steht im Rahmen der Umstrukturierung des Zahnmedizinstudiums eine Etablierung von Lernmodulen im 2. vorklinischen Semester an.

Verantwortlichkeit: