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Digitale Fallsammlung im Gesellschaftsrecht

Projektleitung: Dr. Lisa Guntermann und Dr. Patrick Hauser

Ausgangssituation
Höchstrichterliche Urteile entfalten eine faktische Bindungswirkung für die unteren Instanzen und damit für die Rechtspraxis insgesamt. Auch manche Urteile von (Ober-)Landesgerichten haben das Rechtsverständnis geprägt. Damit ist die Fähigkeit, Urteile lesen, verstehen und einordnen zu können, unerlässlich für die spätere Berufstätigkeit von Juristen. Dennoch wird diese Kompetenz im juristischen Studium kaum geschult. Als eine Mischung aus Vorlesung, Tutorium und Seminar ergänzt die freiwillige Lehrveranstaltung „Leading Cases im Gesellschaftsrecht“ den Schwerpunktbereich 2a. Ziel der Lehrveranstaltung ist es, die kritische Auseinandersetzung mit Urteilen im Diskurs zu schulen, ein Bewusstsein für die Rolle der Rechtsprechung zu schaffen und neben Methodenkompetenz gesellschaftsrechtliche Lerninhalte aus einer anderen Perspektive zu vermitteln. Hierfür werden die Sachverhalte zunächst aufbereitet und mit Verständnisfragen angereichert, bevor die Urteile im Plenum besprochen werden. Die Wissenssicherung erfolgt mittels eines Wikis in der Lernplattform Ilias. Die Studierenden werden um die Ausarbeitung und Analyse eines Urteils in Kleingruppen gebeten. Nach der Fortentwicklung der Ausarbeitung unter Feedback der Lehrpersonen werden die finalen Analysen für die weiteren Kursmitglieder zur Verfügung gestellt. Ziel ist die Erstellung einer digitalen Fallsammlung im Gesellschaftsrecht.


Ziele und Zielgruppen
Die Veranstaltung soll Kompetenzen zur Auseinandersetzung mit Urteilen schulen und dadurch zum Verständnis von Urteilen beitragen. Ein Baustein des Lehrkonzeptes sieht vor, dass die Studierenden aktiv werden und eine Urteilsanalyse anfertigen, die als Wiki-Eintrag allen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern zur Verfügung gestellt wird. Der Schreibprozess soll auch einen Einstieg in das wissenschaftliche Arbeiten bieten und auf die zu schreibende Hausarbeit innerhalb des Schwerpunktbereichs vorbereiten. Das Format des Wikis soll den Studierenden als Anreiz dienen, den höheren Aufwand bei der Auseinandersetzung mit einem Urteil dadurch zu kompensieren, dass sie im Gegenzug Zugriff auf die Ausarbeitungen der anderen Studierenden erhalten. Somit soll die Qualität der Wissenssicherung für alle Studierenden zunehmen und eine Stoffsammlung entstehen. Der Diskurs in den einzelnen Veranstaltungseinheiten soll zudem insbesondere auf die mündliche, aber auch auf die schriftliche Schwerpunktbereichsprüfung vorbereiten. Hierzu müssen die zu besprechenden Entscheidungen zunächst in den Kontext gesetzt werden, um die Argumentationsmuster nachvollziehen und auf unbekannte Fälle übertragen zu können. Etwaige nötige Vorkenntnisse, wie Grundkenntnisse im Gesellschaftsrecht, sind den etwa 40 Studierenden des Schwerpunktbereiches 2a bereits im Grundstudium vermittelt worden.

Umsetzung
Technisch wurde das Wiki auf der Lernplattform Ilias umgesetzt. Die Einträge wurden durch studentische Hilfskräfte vorbereitet, sodass die Wiki-Einträge in Layout und Aufbau einheitlich waren. Zudem wurden die Wiki-Funktionen den Studierenden per Video erläutert. Die Studierenden sollten sich in Gruppen von zwei bis drei Personen zusammenfinden, um einen ausgesuchten Fall im Anschluss an die Besprechungen schriftlich zu analysieren und somit das Gelernte zu festigen. Die Studierenden sollten die wesentlichen Erwägungen zusammenfassen, erläutern und in den Kontext setzen. Zudem sollte die Rezeption dieser Rechtsprechung in der Literatur dargestellt werden, um die Bedeutung der Entscheidungen einzuordnen. Die Studierenden erhielten nach Anfertigung eines Entwurfs des Wiki-Eintrags detailliertes Feedback und Anregungen von den Lehrpersonen. Nach Überarbeitung durch die Studierenden wurden die Beiträge im Ilias-Wiki allen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern zur Verfügunggestellt. Auf die Wikis können die Studierenden nun zur Vorbereitung der Prüfung im Schwerpunktbereich zurückgreifen und die Ausarbeitungen weiter ergänzen.


Ergebnisse und Ausblick
An der Veranstaltung nahmen etwa die Hälfte der Studierenden des Schwerpunktbereichs teil. Dabei blieb der Teilnehmerkreis das gesamte Semester konstant. Die teilnehmenden Studieren- den waren sehr motiviert, beteiligten sich rege und waren gut vorbereitet. Allerdings war der Erfolg des eLearning-Projektes begrenzt. Es stellte sich zunächst heraus, dass das Wiki in Ilias für längere wissenschaftliche Texte nur bedingt geeignet ist. So ist bspw. der Einsatz von Fußnoten sehr kompliziert und mühsam. Aufgrund der derzeit umständlichen Handhabung wäre eine Kompatibilität mit gängigen Textverarbeitungsprogrammen oder zumindest eine leichtere Formatierung auf der Lernplattform wünschenswert. Zudem waren – trotz wiederholter Aufforderung – nur wenige Studierende bereit, einen Wiki-Eintrag anzufertigen. Da die Studierenden sich in der Lehrveranstaltung ansonsten durchweg sehr motiviert zeigten, dürfte dies nicht an mangelndem Interesse gelegen haben. Vermutlich war der Gesamtaufwand für die Lehrveranstaltung zu hoch. So zeigte sich auch in der Evaluation, dass die Studierenden die Vorbereitung auf die jeweiligen Stunden zeitlich sehr anspruchsvoll fanden. Möglicherweise ist eine Darstellung der Kernprobleme eines Urteils besser für ein Wiki-Format geeignet als eine umfassende Urteilsanalyse. Eine Kurzdarstellung der Kernprobleme könnte mit dem Wiki-Format vermutlich benutzerfreundlicher umgesetzt werden. Dennoch bleibt festzuhalten, dass vier Wiki-Einträge entstanden sind, deren Qualität gemessen an der Erfahrung der Studierenden als sehr hoch zu bezeichnen ist. Die Studierenden haben das Feedback durch die Lehrpersonen als sehr hilfreich empfunden. Es ist daher zwar keine umfassende digitale Fallsammlung entstanden, doch immerhin ist ein erster Grundstein für eine Wissensdatenbank gelegt. Zudem haben die Evaluationen gezeigt, dass die Veranstaltung von den Studierenden sehr positiv aufgenommen wurde.

Verantwortlichkeit: