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Können Sie das lesen? - Blended-Learning-Übung zur historischen Lesekompetenz

Ausgangssituation

In den Geschichtswissenschaften stellt sich Lehrenden und Studierenden gleichermaßen immer das Problem des Zugangs zu den Quellen. Gerade handschriftliches, aber zunehmend auch gedrucktes Originalmaterial vergangener Jahrhunderte lässt sich ohne Kenntnisse und Übung in der Entzifferung alter Schriften und Drucktypen nicht bearbeiten. Für die Lehre bedeutet das, dass diese zeitaufwendig Kenntnisse vermittelt werden müssen; für die Studierenden, dass sie sich diese Kenntnisse aneignen und sie nach Möglichkeit auch einüben müssen, was in den meisten Fällen als langwierig, langweilig und schwierig empfunden wird. Mit der Bereitstellung einer einheitlichen Lernumgebung für Fraktur und Sütterlin wird nun eine Möglichkeit gegeben, diese Aneignung und Einübung in einer flexiblen und auf das eigene Lerntempo abgestimmten Weise selbsttätig durchzuführen. Mit der Einbettung dieser Umgebung in ein Blended-Learning-Lehrveranstaltungskonzept wird darüber hinaus einerseits die Sicherung der Ergebnisse ermöglicht und andererseits die Anrechnung als Leistung innerhalb des Studiums gewährleistet.

Ziele und Zielgruppen

Die Maßnahme richtet sich vor allem an Studierende der Geschichtswissenschaften, die Selbstlernangebote stehen aber prinzipiell allen Studierenden der Philosophischen Fakultät offen, in denen Studierende mit altem Schriftgut arbeiten. Der Kreis potentieller Nutzer ist damit durchaus umfangreich. Die nach dem erarbeiteten Konzept in der Zukunft anzubietenden Lehrveranstaltungen richten sich hingegen speziell an Studierende der Geschichtswissenschaften, wobei hier sowohl BA- wie MA-Studierende angesprochen sind, da paläographische Kompetenzen in nahezu jedem historischen Forschungsfeld notwendig sind.

Umsetzung

Für die Umsetzung des Projektes wurden in einem ersten Schritt zwei bereits mit Mitteln des eLearning-Förderfonds erarbeitete Projekte, die ILIAS-Selbstlernkurse zur historischen Lesekompetenz Fraktur sowie Sütterlin in einem neuen Selbstlernmodul zusammengefügt. Der Fraktur-Kurs bezieht sich auf gedrucktes Schriftgut des 16. bis frühen 20. Jahrhunderts, der Sütterlin-Kurs auf handschriftliches und gedrucktes Schriftgut des frühen 20. Jahrhunderts. Beide Kurse wurden im Design überarbeitet, im Aufbau aneinander angeglichen und hinsichtlich der Lernschritte und genutzten Übungsmöglichkeiten vereinheitlicht. Die Umsetzung erfolgte ebenfalls in ILIAS, so dass nunmehr die beiden bereits erarbeiteten Kurse weiterhin separat zur Verfügung stehen, aber zusätzlich dazu auch das beide umfassende und aktualisierte Selbstlernmodul.

In einem zweiten Schritt wurde ein Lehrveranstaltungskonzept entwickelt, das auf dem Selbstlernmodul aufbaut und zugleich mit den Modulhandbüchern und dem Studienverlauf der Geschichtswissenschaften konform geht. Damit ist es also zukünftig möglich, mit einem geringen Vorbereitungsaufwand Studierenden diese paläographischen Kompetenzen in einem Blended-Learning-Format nahezubringen, das mit einer Abwechslung von Präsenz- und Selbstlernphasen und einer Lernkontrolle durch die Abfrage von im Modul bereits eingebetteten Meilensteinen die Vorteile der selbstbestimmten Aneignung und Übung von Kenntnissen mit denen einer didaktischen Begleitung, Hilfestellung und Qualitätskontrolle verbindet. Das standardisierte Format des Konzepts macht eine problemlose Wiederverwendung möglich, die Veranstaltung kann also immer wieder angeboten werden, was bei der Menge der potenziellen Nutzer auch notwendig ist.

Neben dieser ganz auf den Erwerb und die Übung von historischen Lesekompetenzen fokussierten Möglichkeit bietet das Selbstlernmodul aber natürlich auch weiterhin die Möglichkeit, wie die einzelnen Kurse als begleitendes Angebot in Lehrveranstaltungen mit anderen Schwerpunkten Einsatz zu finden, in denen historische Lesekompetenzen aber dennoch notwendig sind. Ein aktuelles Beispiel ist das Praxisseminar „Die Bibliothek des Prof. Deycks“ von Frau Hartfiel und mir, in dem die Studierenden mit den Beständen der historischen Lehrerbibliothek des Düsseldorfer Görres-Gymnasiums arbeiten.

Ergebnisse und Ausblick

Eine Überprüfung der Ergebnisse in der Lehre steht bislang noch aus, weil im Rahmen des Projektes ja das Konzept und das benötigte Begleitmaterial für einen Veranstaltungstyp „Übung zur historischen Lesekompetenz“ entwickelt wurden, aber noch keine derartige Veranstaltung stattgefunden hat. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Projekts ist eine Umsetzung in der Lehre aber innerhalb der kommenden zwei Semester vorgesehen. Daher liegen auch noch keine Evaluationsergebnisse bei.

Die bislang entwickelten und im Rahmen des Projektes überarbeiteten und zusammengeführten Kurse „Lesekompetenz Fraktur“ und „Lesekompetenz Sütterlin Online“ sind bislang von 55 von 59 zugelassenen Studierenden (Fraktur, Zugang auf Anfrage) bzw. 510 von 3206 zugelassenen Studierenden (Sütterlin Online, Zugang für alle Geschichtsstudierenden immer offen) bearbeitet worden. Da die Angebote aber bislang freiwillig sowie nicht direkt ins Curriculum der Geschichtswissenschaften integrierbar waren, ist die Intensität der Bearbeitung in den meisten Fällen nicht befriedigend. Das Hauptproblem dabei ist, dass die Studierenden zwar den Lektüreteil der Kurse zur Kenntnis nehmen, den Testteil aber überspringen oder nicht beenden. Durch die Einbettung in ein gezieltes Übungsformat im Rahmen einer Veranstaltung, in der diese Tests als Meilensteine zum Einsatz kommen, sollte diese Schwierigkeit hoffentlich überwunden werden können. Wir sind zuversichtlich, alle notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen zu haben, und sind gespannt auf die Ergebnisse des tatsächlichen Einsatzes des neuen Formates in der Lehre.

Verantwortlichkeit: