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Theatres of Translation: Transfer or (re-)creative practice?

Projektleitung: Dr. Eva Ulrike Pirker

„Theatres of translation: Transfer or (re-)creative practice?“ richtete sich als Seminarangebot in erster Linie an Studierende im interdisziplinären und praxisorientierten Masterstudiengang Literaturübersetzen, stand jedoch auch anderen Studierenden der Philosophischen Fakultät offen. Inhaltliches Ziel des sich über insgesamt zwei Semester erstreckenden Projekts war es zum einen, den Studierenden Übersetzung als performativen, (re-)kreativen Prozess nahezubringen; zum anderen sollten Verbindungen und Analogien zwischen theatralen Umsetzungen und Übersetzungsprozessen herausgearbeitet werden. Hierzu wurden konkrete Adaptions-, Inszenierungs- und Transmedialisierungsbeispiele in den Blick genommen, u.a. in einer Kooperation mit dem Festival „Theater der Welt“, das im Sommer 2021 in Düsseldorf stattfand.

Pandemiebedingt hatte bereits das Festival eine starke digitale Komponente: Die zentrale, im Kurs besprochene Inszenierung (Leben und Zeit des Michael K, nach dem Roman von J.N. Coetzee) wurde letztlich nicht live in Düsseldorf gespielt, sondern aus Kapstadt ins Schauspielhaus Düsseldorf übertragen und von dort aus online gestreamt. Der hindernisreiche Prozess auf dem Weg zur Inszenierung (mehrfache Terminverschiebung, Absage, dann Zusage für ein gestreamtes Format) und die Darbietung im gestreamten Format war an sich instruktiv, wenngleich dies für die Seminarplanung eine große Flexibilität auf Seite der Dozierenden und der Studierenden erforderte.

Online-Gastvorträge und Online-Interviews mit Dramaturg:innen, Regisseur:innen und einer Expertin für Übertitelung wurden durchgeführt, die Einblicke in unterschiedliche Felder mit berufspraktischer Relevanz vermittelt haben. Podcastformate wurden bereits in einem Testlauf im Wintersemester 2020/21 erprobt. Im Sommersemester wurden im Rahmen des Seminars kleinere Podcastübungen eingebaut. Studierende hatten dann die Möglichkeit, im Rahmen von APs eigene Podcasts zu einem von ihnen gewählten Thema zu erstellen. Diese sind über anchor.fm öffentlich zugänglich gemacht worden und können über gängige Plattformen wie Spotify gehört werden. Die Podcasts und weitere Informationen zum Projekt sind u.a. auf der Website des Masterstudiengangs Literaturübersetzen und auf der Seite „Anglophone Literary Studies Blog“ (Blogfarm der Philosophischen Fakultät) verlinkt. Eine in Vorbereitung befindliche elektronische Begleitpublikation bei hhu.books (im Erscheinen) versammelt die redigierten und um Annotationen ergänzten Skripte der entstandenen Podcasts und eine Auswahl der Interviewtranskripte mit Berufspraktiker:innen. Der Ansatz des forschenden Lernens (das ursprüngliche PBL-Vorhaben musste an die Pandemiegegebenheiten und die Gruppe angepasst werden) und der Einsatz von E-Learning-Elementen kam auf mehreren Ebenen des Projekts zum Tragen.

Das Projekt erstreckte sich über insgesamt zwei Semester. Im Wintersemester 2020/21 war das Projekt in das Grundlagenmodul des Masterstudiengangs Literaturübersetzen eingebunden, das in eine große Bandbreite von Texten und Gattungen und die aus ihnen entstehenden Übersetzungsherausforderungen einführte. Das Seminar wurde jedoch auch für zusätzliche Interessierte sowie für andere Module im Studiengang freigegeben, um möglichst vielen Studierenden eine Beschäftigung mit dem Format der Podcasts zu erlauben. In interaktiven Austauschprozessen wurden in Zweierteams Podcasts entworfen, die übersetzungstheoretische Fragestellungen anhand konkreter translatorischer Beispiele zugänglich machen sollten. Das Wintersemester verstand sich als Testlauf und Vorbereitungsphase für das Sommersemester. Im Ergebnis musste hier festgestellt werden, dass eine verbindliche Projektarbeit im Rahmen eines verpflichtenden Grundlagenmodulkurses (hier MA Literaturübersetzen), in dem v.a. der BN-Erwerb 2 im Vordergrund steht, sich schwierig gestaltet. Im Sommersemester 2021 wurde das Projekt deshalb im Rahmen eines Inhaltsseminars für Masterstudierende weitergeführt. Die finalen Podcasts waren nicht allein Teil der BN-Leistung, sondern einer zu bewertenden AP („Projektarbeit“). So entstanden inhaltlich anspruchsvolle Podcasts, die auf studentischen Forschungsarbeiten basieren und zur Veröffentlichung gebracht werden konnten. Dies bedeutete jedoch eine Verlängerung der Frist für die zu betreuenden Arbeiten weit über das abgeschlossene Sommersemester hinaus. Im Ergebnis kann jedoch gesagt werden, dass sich die Arbeit an den Podcasts und Skripten für die Studierenden nicht allein durch das Erfolgserlebnis der Veröffentlichung gelohnt hat, sondern dass durch die Arbeit für die Veröffentlichung in mehreren Feedbackrunden wertvolle Kompetenzen nicht allein vermittelt, sondern tatsächlich auch vertieft werden konnten.

Der Einsatz von E-Learning-Tools und -Formaten ist für die geisteswissenschaftliche Forschung und Lehre unabdingbar —nicht erst seit dem verstärkten, pandemiebedingten Einsatz solcher Tools und Formate. In der Berufspraxis begegnen Übersetzende, aber auch in anderen Feldern Tätige (Kultur, Theater, Literaturbetrieb, Verlagswesen) zunehmend der Erwartung, dass sie über Fertigkeiten im Umgang mit digitalen Tools verfügen. Insofern war der Einsatz von elektronischen Kollaborationswerkzeugen (Sciebo), von Videokonferenzen (vorrangig: Webex), von angeleiteten und dann in Einzelprojekten erprobten und nach mehreren Feedbackrunden optimierten Podcastformaten (Audacity), die Suche nach passenden Veröffentlichungs- und Distributionsplattformen (anchor.fm, Blogfarm der Philosophischen Fakultät) hilfreich. Auch in der Forschung gewinnen digitale Formate zunehmend an Bedeutung. Die gemeinsame Arbeit an einer digitalen Publikation vermittelte Studierenden neue Kenntnisse im Bereich des Copyright (Bildrechte, Umgang mit Forschungsdaten), des Content Management, des Lektorats und unterschiedlicher Stadien des Editionsprozesses.

Digitale Formate und Tools kamen somit auf mehreren Ebenen des Projekts zum Einsatz. Für die Studierenden lag der Mehrwert der E-Learning Einheiten in erster Linie in neuen Einblicken in die Möglichkeiten der Aufbereitung von Forschungsfragen und -erkenntnissen, aber eben auch die Einsicht, dass neue Formate mit neuen Herangehensweisen an die Forschungsfragen verknüpft sind und unter Umständen zu neuen Blicken und Einsichten führen. Um ein Beispiel zu nennen: Hätten die Podcastformate den Studierenden nicht die Notwendigkeit abverlangt, interessantes Audiomaterial zu generieren, so wären sie – etwa im Rahmen einer Seminararbeit – vielleicht nicht auf die Idee gekommen, die Dramaturgin von Michael K. im Interview zu befragen. Aus dem Gespräch ergaben sich Einblicke in die Aufführungspraxis. Diese führten zu weiteren Recherchen und einem tieferen Eintauchen in die Praxis des Puppentheaters in Südafrika. Über eine reine Bibliotheks- und Datenbankrecherche hätten sich die interessantesten Fragen (Wieso sollte ein preisgekrönter, dialogarmer, universale Fragen aufwerfender Roman ausgerechnet in ein lokal etabliertes Genre, in die konkret situierte Praxis eines südafrikanischen Puppentheaters ‚übersetzt‘ werden? Und wie kann das funktionieren? Was wird hier gewonnen?) überhaupt nicht ergeben.

Insgesamt leistete das Projekt gerade in den philologisch/literaturwissenschaftlich orientierten Studiengängen gewissermaßen Pionierarbeit, und es wäre wünschenswert, es zu einem späteren Zeitpunkt weiterzuführen. Allein die Thematik gibt – dies zeigen die Projekte der Studierenden – Stoff für weitere Projekte her und die auf Dozierendenseite erlernten Kompetenzen werden in künftigen Lehrveranstaltungen auszugsweise eingebracht. Podcastformate werden von der Dozierenden mithilfe der erstellten Anleitungen künftig als AP (Projektarbeit) ermöglicht, erste Anfragen gab es nach dem Wintersemester 2022. Die neuen Kompetenzen kommen somit auch künftigen Studierenden zugute, die Praxis wird nachhaltig etabliert.

Probleme: Allerdings muss auch festgestellt werden, dass die Durchführung des im Ergebnis aufwendigen Projekts während des Projektzeitraums durch die Tatsache erschwert wurde, dass nur eine vergleichsweise geringe Zahl von Studierenden am Outcome (eigene Podcasts, eigene Veröffentlichung) teilnehmen konnten. Studierenden, die lediglich einen BN im Kurs erwerben wollten, die notwendige Verbindlichkeit abzuverlangen, die eine Veröffentlichung mit sich bringt, ist nahezu unmöglich. So entstanden zwar mehrere angeleitete Audioformate und Podcastscripte, die letztlich nur ein erstes „Einüben“ darstellten. Diejenigen Studierenden, die sich jedoch für eine Arbeit an einem eigenen Projekt und einer Veröffentlichung entschieden haben, haben in hohem Maße von den zahlreichen Feedbackschleifen profitiert und sicher einiges mitnehmen können.

In der Durchführung gestaltete sich die Kommunikation mit dem Medienlabor zudem als schwierig. Zwar wurde in einer Einführung am 21.10.2020 Basiswissen und weiterführende Literatur vermittelt – die erhoffte Unterstützung im Hinblick auf die Ausleihe von Aufnahmegeräten und das erhoffte Feedback zu den entstandenen Podcasts blieb leider aus. Glücklicherweise konnte hier auf die Expertise von Kolleg:innen, die bereits Erfahrung mit diesen Formaten haben, zurückgegriffen werden.

Zentraler Link: „Borderlands“ blogs.phil.hhu.de/anglophoneliteratures/category/borderlands/

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