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Ein interaktives Skript und eLearning-Aufgaben für 'mathematische Grundlagen der Computerlinguistik'

 

Ausgangssituation

Die Veranstaltung Mathematische Grundlagen der Computerlinguistik ist eine 4-stündige Vorlesung, die sich vorrangig an Studierende im ersten Semester des Bachelorstudiengangs Computerlinguistik richtet. Die etwa 40 Teilnehmer*innen haben sehr unterschiedliches mathematisches Vorwissen. Ziel der Veranstaltung ist, dieses Wissen auf einen einheitlichen Mindeststand zu bringen und zu vertiefen. Die erlernten Inhalte bilden die Grundlage für Kurse zu verschiedenen computerlinguistischen Themen in höheren Semestern. Die Veranstaltung findet jährlich mit nicht oder kaum verändertem Inhalt statt. Das Projekt hat also einen langfristigen positiven Effekt.
 

Ziele und Problemstellung

Das unterschiedliche Vorwissen und vor allem das unterschiedliche Abstraktionsniveau, auf dem dieses Wissen in den Schulen vermittelt wird, führt dazu, dass ein nicht unerheblicher Teil der Studierenden Schwierigkeiten damit hat, mathematische Definitionen zu verstehen und formale Beweise nachzuvollziehen. Ein Schwerpunkt in den Präsenzsitzungen liegt demnach darin, sehr präzise herauszuarbeiten, warum die Definitionen so formuliert sind, wie sie formuliert sind, welche Systematik hinter der Notation steckt und wie ein formaler Beweis aufgebaut ist und welche Beweistechniken eingesetzt werden. Ziel ist, dass die Studierenden die Fähigkeiten erwerben, die sie benötigen, um sich in höheren Semestern eigenständig mit fremden mathematischen Texten zu beschäftigen.
Das Problem ist, dass die vor Projektstart vorhandenen Lehrmaterialien (Foliensätze zu den Präsenzsitzungen) nicht ausreichten, um den Studierenden, die an einer Sitzung nicht teilnehmen konnten, diese zusätzlichen Erklärungen zu bieten. Alleingelassen mit den Foliensätzen, empfinden viele Studierende diese als abschreckend.
Das zweite Problem, das sich in den letzten Jahren zeigte, ist, dass die Besprechung der Hausaufgaben in den Präsenzsitzungen entweder sehr viel Zeit kostet oder zu oberflächlich geschieht, so dass nicht alle Fragen und offenen Probleme aller Studierender mit der nötigen Sorgfalt behandelt werden können. Hier war es das Ziel, durch das Projekt einen Teil dieser Hausaufgabenbesprechungen in die individuelle Nachbereitungszeit der Studierenden verschieben zu können.
 

Projektbeschreibung

Das Projekt bestand aus zwei Teilen, zum einen der Überarbeitung und Erweiterung der eLearning Hausaufgaben und zum anderen der Erstellung eines interaktiven Skripts für selbstständiges Lernen. Die Kursteilnehmer*innen bearbeiten wöchentlich Hausaufgaben. In den Hausaufgaben wird überprüft, ob die Studierenden die im Kurs besprochenen theoretischen Inhalte verstanden haben und anwenden können. Die abgefragten Inhalte eignen sich gut für automatisch kontrollierbare Aufgabentypen. Es werden aber auch einzelne manuell zu korrigierende Aufgaben verwendet. Vor Projektbeginn existierten bereits ca. 300 Aufgaben in Moodle. Um diese Aufgaben langfristig verfügbar zu machen, wurden sie im ersten Teil des Projekts in Ilias überführt. Außerdem wurde die Aufgabensammlung überarbeitet und erweitert.
Zum Kurs bestanden bereits Vorlesungsfolien. Diese enthalten zwar alle für die Bearbeitung der Hausaufgaben notwendigen Definitionen, jedoch nur wenige Beispiele und Erklärungen. Im zweiten Teil des Projekts wurden deshalb interaktive, frei verfügbare Webseiten mit zusätzlichen Beispielen, Erklärungen und Videos erstellt. So sollte erreicht werden, dass Studierende das Lerntempo ihrem Vorwissen anpasssen können.
Die Inhalte können unabhängig vom Belegen des Kurses abgerufen werden, etwa als Nachschlagewerk. Es ist außerdem möglich, die Inhalte auszubauen oder veränderten Kursinhalten anzupassen.
 

Umsetzung

Die Aufgabensammlung wurde manuell von Moodle nach Ilias übertragen. Eine automatische Übertragung hat sich als zu aufwändig und nicht sinnvoll herausgestellt, da an vielen Aufgaben kleine Änderungen vorgenommen wurden. Die Studierenden bearbeiten die Hausaufgaben wöchentlich. Die Ergebnisse stehen meist sofort nach der Abgabefrist zur Verfügung. Die Aufgaben werden außerdem im Kurs besprochen. Wenn zu einzelnen Aufgaben Nachholbedarf bestand, wurden diese in einem Video separat erklärt. Es wird jedes Jahr nur ein Teil der Aufgabensammlung verwendet.
Den wöchentlichen Hausaufgaben kommt die Funktion zu, die Studierenden anzuhalten, sich vertieft und selbstständig mit dem vermittelten Stoff auseinander zu setzen. Es geht bei der Aufgabenerstellung darum, die folgenden Ziele zu erreichen:

1. Die Kursinhalte sollen möglichst vollständig abgedeckt werden.
2. Alle Aufgaben sollen eine einfache Transferleistung beinhalten, es sollen also keine Aufgaben gestellt werden, deren Antwort direkt aus den Unterrichtsmaterialien abgelesen werden kann.
3. Die wöchentlichen Hausaufgaben sollen nicht mehr als 90 Minuten Bearbeitungszeit erfordern.
4. Jede Woche soll mindestens eine Aufgabe gestellt werden, die auch die leistungsstärkeren Studierenden herausfordert.

Multiple-Choice-Aufgaben haben sich als sehr geeignet für das Erreichen der gesteckten Ziele herausgestellt.
Die interaktiven Webseiten wurden mit Jupyter Notebooks erstellt. Als Grundlage dienen die Vorlesungsfolien. Diese werden eingebunden und ergänzt. Der Fokus bei der Erstellung zusätzlicher Beispiele lag auf erwartungsgemäß schwierigen Themen und solchen Themen, zu denen sich die Studierenden zusätzliche Beispiele wünschten. Am Ende des Semesters haben die Studierenden im Rahmen einer Hausaufgabe die Notebooks evaluiert, korrigiert und ergänzt.
Alle Videos auf den Webseiten wurden mit einer Dokumentenkamera aufgezeichnet. Die Kamera wurde auch im Kurs verwendet, um Ergebnisse der Studierenden zu präsentieren. Die interaktiven Webseiten werden vor allem zum zeit- und ortsunabhängigen Lernen außerhalb der Vorlesung verwendet. Außerdem enthalten sie Links zu fremden Inhalten, beispielsweise Video-Tutorials oder Skripte.
 

Ergebnisse und Evaluation

Ursprünglich war geplant, die interaktiven Webseiten schon vor Behandlung des jeweiligen Themas in der Vorlesung zu veröffentlichen. Es hat sich jedoch als sinnvoll erwiesen, mit dem Setzen der Themenschwerpunkte auf den Ablauf der Vorlesung zu warten. Dadurch konnten sich die Kursteilnehmenden zwar nicht mit den interaktiven Webseiten auf den Kurs vorbereiten, das Vorgehen hatte aber den Vorteil, dass in den Webseiten konkret auf die Probleme der Studierenden in der Vorlesung eingegangen werden konnte. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Hausaufgaben bearbeitet werden mussten, standen die Webseiten zu dem jeweiligen Thema bereit. Ergänzt wurden sie im Nachhinein nur noch um weitergehende Anmerkungen zu den Hausaufgaben.
Es war geplant, die Inhalte der Hausaufgaben nicht im Kurs, sondern in Videos im Rahmen der interaktivenWebseite zu besprechen. Das hat sich nur in einzelnen Fällen als sinnvoll herausgestellt, da bei einer Besprechung im Kurs mehr Einzelfragen beantwortet werden können.
Die Studierenden waren mit dem Projekt sehr zufrieden. Dies zeigen die Evaluationen: Über 85% stimmten der Aussage voll zu, dass die Online-Tests sinvoll in das Gesamtkonzept der Veranstaltung eingebettet waren. Der zeitliche Aufwand und Schwierigkeitsgrad der Aufgaben wurde von den Studierenden so angegeben wie von uns angestrebt. Die meisten Studierenden haben 1 bis 2 Stunden für die Bearbeitung der Online-Tests gebraucht und es wurde auf verschiedenen Wegen das Feedback gegeben, dass die interaktiven Webseiten die Studierenden dabei unterstützt haben, sich im Rahmen der Hausaufgaben intensiver mit den Themen zu beschäftigten. Die interaktiven Webseiten wurden von 65% der Teilnehmer*innen mindestens einmal wöchentlich genutzt.

Den Link zum frei verfügbaren Skript finden Sie hier.
 

apl. Prof. Wiebke Petersen und David Arps

 

Verantwortlichkeit: