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Peer-to-Peer Video Tutorials: ein Pilotprojekt im sozialwissenschaftlichen Studium

Ausgangssituation / Gründe für den Einsatz von eLearning­

Erklärvideos und Tutorials finden zunehmend Eingang in den Alltag junger Menschen (MPFS 2018, S. 49; Bitkom 2015). „Auch […] Techniken wissenschaftlichen Arbeitens und so mancher Studieninhalt werden in Form dieser kurzen Filme behandelt, die auf YouTube und anderen Plattformen zu finden sind“ (Knaus und Valentin 2016, S. 151). Eine Befragung des Rats für Kulturelle Bildung (2019) bezeichnet YouTube als „Leitmedium“ der 12- bis 19-Jährigen und empfiehlt daher die Entwicklung eigener Formate. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Lehrinnovation um die Produktion sogenannter peer-to-peer Video Tutorials von Studierenden für Studierende des B.A. Sozialwissenschaften. Jahrgangsübergreifende Zweierteams, jeweils bestehend aus einem Zweitsemester-Studierenden sowie einer Person aus dem 5. bis 7. Semester, setzen sich mit den Inhalten der Veranstaltungen des Grundstudiums auseinander und bereiten diese in kurzen Video-Inputs auf. Die fachlich von den Dozierenden begleiteten Video Tutorials dienen zur Ergänzung der traditionellen Lehrmaterialen wie Seminarliteratur und PowerPoint-Präsentationen. Den Studierenden steht dadurch eine dritte Quelle zur Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Seminare zur Verfügung. Insgesamt wird dadurch die Qualität des Studiums verbessert – sowohl im Hinblick auf den Erwerb von Fach- als auch technischen Kompetenzen.

Ziele & Zielgruppen­

Das eLearning kommt sowohl den Studierenden am Sozialwissenschaftlichen Institut (ca. 300 Studierende/ 1. Studienjahr) als auch der gesamten Fakultät zugute: 1. Lernorganisation: Durch das zeit- und ortsunabhängige Abrufen der Lehrvideos sind Studierende nicht nur in der Lage ihr eigenes Tempo individualisiert zu bestimmen. Sie können ihren eigenen Lernprozess kontrollieren und abgleichen. 2. Medienkompetenz: Studierende nehmen direkt und indirekt an dem Erstellen von Lehrvideos teil, die im universitären Kontext für gewöhnlich exklusiv den Dozierenden als aktivierendes Lehr-Lern-Element zur Verfügung steht. 3. Peer-to-Peer-Einbindung und Motivation: Studierenden wird ein gewichtiger Teil der Wissensproduktion anvertraut, die üblicherweise nur Dozierenden zukommt. Dies aktiviert die Motivation der Studierenden mehr als passive Konsument*innen von Wissen zu sein. 4. Der Leuchtturmcharakter des Projekts kann potenziell von weiteren Fachbereichen adaptiert werden. Insgesamt sind Studierende besser auf die Seminarsitzungen und Abschlussprüfungen vorbereitet, weil der ergänzende Peer-to-Peer-Ansatz Wissensvermittlung auf „Augenhöhe“ ermöglicht. Durch den Einsatz und Erwerb digitaler skills werden die Studierenden ferner im Hinblick auf relevante Bologna-Kriterien wie der „employability“ ausgebildet. Schließlich tragen die produzierten Videos zur Nachhaltigkeit bei, da Nachfolgekohorten von den Tutorials und den FAQ-Materialien profitieren können.

Umsetzung­

Der Ursprungsplan bestand darin, dass Studierenden das jeweilige Lehrvideo bereits vor der entsprechenden Sitzung zur Verfügung stehen sollte. Im Sinne von inverted classroom hatten sie so die Möglichkeit Verständnisprobleme beim Lesen der Seminarlektüre mithilfe des Erklärvideos zu beseitigen und/oder über die Chat-Funktion in Ilias zu artikulieren. Die spezifischen Bedarfe konnten dann gezielt in der jeweiligen Sitzung vertieft behandelt werden. Die Videos wurden unterschiedlich erstellt. Beispielsweise in Form protagonistischer Tutorials (eine Person blickt frontal in die Kamera und spricht dazu z.B. hier https://mediathek.hhu.de/watch/faa35018-4cbb-44b4-bffa-1b9488de6a79),  Screencast-Tutorials (das Geschehen auf dem Bildschirm wird aufgenommen und eine Off-Stimme erläutert z.B. hier https://mediathek.hhu.de/watch/f29c6b30-fe52-4356-bedd-5068ecf89215) oder Trickfilm-Tutorials (digital angefertigte) Zeichnungen oder Bilder, die mit der Hand verschoben werden, eine Off-Stimme spricht dazu z.B. hier https://mediathek.hhu.de/watch/9adf73a9-b948-41bb-b518-e9f52ad0dbe5). Insgesamt waren alle möglichen Formate vorstellbar, die im Rahmen von Videoclips didaktisch sinnvoll dargestellt werden können. Die Videos wurden mithilfe der frei zugänglichen Software von DaVinci Resolve 16 produziert. Kolleg*innen des Medienlabors und des Multimedia-Zentrums (MMZ) verfügen über entsprechende Expertise und begleiteten das Projekt im Rahmen technischer Beratung. Ilias wurde genutzt werden, um den Austausch zwischen den Studierenden und Dozierenden mithilfe von Chats zu ermöglichen. Alle produzierten Videos wurden in der Mediathek hochgeladen und bei Ilias verlinkt. Dies erlaubte die direkte und interaktive Kommentierung seitens der Dozierenden und Studierenden. Im Hinblick auf die Nutzungsraten und Überarbeitungsbedarfe erwies sich die Ilias-Kommentarfunktion als wichtige Feedbackschleife.

Ergebnisse & Ausblick­

Das eLearning-Angebot wurde nicht wie gewünscht in die Lehre integriert, weil sich das Institut für Sozialwissenschaften mehrheitlich gegen den Einsatz von studentischen Erklärvideos ausgesprochen hat, da diese potenziell dazu führen könnten, dass Studierende die Seminarlektüre vernachlässigten. Diese Kritik wurde im Laufe der Corona-Pandemie verstärkt artikuliert mit der Sorge, dass die von den Dozierenden eigens für die digitale Lehre produzierten und teilweise über 40-Minuten dauernden eigenen Screencasts nicht geschaut würden.

Dieser Widerstand steht im Widerspruch zu den Evaluationsergebnissen der Nutzer*innen, die sich mehrheitlich für den verstärkten Einsatz studentischer digitaler Produkte aussprachen. Vor diesem Hintergrund wird im aktuellen ELFF 2020-II-Projekt eine E-Tutorial Plattform konzipiert, die als Anleitung und Inspiration für interessierte Kolleg*innen und Studierende jenseits der Fachdisziplin dient, die beabsichtigen digitale outputs (z.B. Erklärvideos, Podcasts) und peer-review Verfahren in ihre Lehre zu integrieren. Der Bedarf dieser Formate ist nicht zuletzt durch die Defizite digitaler Lehre während der Corona-Pandemie augenscheinlich geworden.

Verantwortlichkeit: