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Interaktive Makroökonomik flexibler und fester Wechselkurse

Projektbeschreibung

Das Projekt dient zur Unterstützung der makroökonomischen Analyse in offenen Volkswirtschaften bei flexiblen und festen Wechselkursen. Im Fokus stehen die unterschiedlichen Modelle zur Erklärung der Wechselkursentwicklung (Dornbusch-Modell, monetäre Wechselkurstheorie,
Währungssubstitution und Wechselkurs, Portfolio Balance Ansatz) sowie die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Eingriffe in offenen Volkswirtschaften.
In volkswirtschaftlichen Veranstaltungen werden theoretische Modelle aus didaktischen Gründen nicht nur in Gleichungsform präsentiert, sondern üblicherweise auch grafisch aufbereitet. Auswirkungen von veränderten Modellparametern und die Effekte wirtschaftspolitischer Effekte werden anhand grafischer Analysen verdeutlicht.
Mithilfe der geplanten interaktiven Makromodelle erhalten die Studierenden die Möglichkeit eine Vielzahl von Szenarien in den bekannten grafischen Modellen "durchzuspielen" und ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge zu entwickeln. Vorbild für das Projekt ist das web-basierte ELearning-Konzept (www.eurmacro.unisg.ch/macroeconomics.html) von Manfred Gärtner. Seine interaktiven Modelle decken weite Bereiche der makroökonomischen Analyse ab, gehen aber nur sehr begrenzt auf die spezifischen Aspekte der monetären Aussenwirtschaftstheorie ein. Das geplante Projekt soll diese Lücke schließen.
Neben den interaktiven Modellen sollen Multiple Choice Tests bereitgestellt werden, die eine
laufende freiwillige Überprüfung der Lernfortschritte ermöglichen.




Projektziel

Das Projektziel ist eine eLearning Plattform, die es Studenten ermöglicht, interaktiv Makrodelle einer offenen oder geschlossenen Volkswirtschaft zu untersuchen und eigene wirtschaftspolitische Entscheidungen unter verschiedenen geldpolitischen Konstellationen und Währungsregimen zu simulieren. Dabei soll das Verständnis für die Theorie von Konjunkturzyklen und Stabilitätspolitik verbessert und gefördert werden. Ein Projektziel ist ein besseres Verständnis der in Grafiken deutlich zu erkennenden Zyklen.

Die ausgewählten Modelle beschreiben in der Regel ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht, welches sich in einer deterministischen Welt in seinem langfristigen Gleichgewicht befindet. Das Rückgrat der Analyse bildet das AS-AD-Modell (Aggregate Supply - Aggregate Demand). Es bildet eine stabile Kombination aus Inflation und der sog. Output-Lücke ab. Im Falle einer offenen Volkswirtschaft steht das eingesetzte Wechselkursregime  (Flex-Kurs oder Fix-Kurssystem) im Fokus der Betrachtung, während bei einem geschlossenen Wirtschaftsraum die wirtschaftspolitischen Stabilisierungsmechanismen behandelt werden.

Zum Zweck des interaktiven Lernens werden szenario-abhängige Versionen des AS-AD-Modells bereitgestellt. Der eigenständige Umgang soll den im vorherigen Abschnitt angesprochenen Zielkonflikt zwischen Verständnis und Präzision reduzieren. Während die AS-AD-Modelle alle vier Makromärkte (Geld-, Kapital-, Arbeits- und Gütermarkt) erfassen, berücksichtigen die traditionellen Modelle keynesianischer Provinienz – die in der ersten Ausbildungsphase eingesetzt werden – lediglich drei Märkte (gemäß dem Gesetz von Walras werden dabei lediglich n-1 Märkte also zwei Märkte explizit untersucht). Diese Reduktion resultiert aus der Annahme, dass in der kurzen Frist die Preise konstant sind (sog. Fixpreis-Modelle). In diesem Fall wird die Angebotsseite der Volkswirtschaft nicht ausmodelliert sondern lediglich unterstellt, dass sich das Angebot immer an die Nachfrage anpasst; man spricht deshalb auch von sog. nachfrageorientierten Modellen. Diese Modellklasse dominiert immer noch die makroökonomischen Lehrbücher (first und intermediate level) in der ersten Ausbildungsphase, findet sich aber auch in weiterführenden Lehrbüchern. Um den Übergang von der IS-LM-FE-Analyse in die fortgeschrittenen AS-AD-Modelle didaktisch vorzubereiten, sind auch szenario-abhängige Versionen der IS-LM-FE-Analyse Gegenstand des eLearning-Projektes.

Die komparativ-statischen Modelle sind allerdings nicht in der Lage, die Anpassungsdynamik zwischen den  Gleichgewichten zu erfassen. Damit sind sie auch nicht geeignet, die in der Praxis auftretenden Konjunkturzyklen bzw. beobachtbare Over- bzw. Undershooting-Effekte zu visualisieren. Durch den Einsatz von Computern ist es  möglich, auch komplexere (dynamische) Makro-Modelle in einer übersichtlichen Weise zu präsentieren. Die somit erreichbare Tiefe geht weit über das hinaus, was im Rahmen einer Vorlesung vom Dozenten geleistet werden kann.
Anstelle von bloßen qualitativen Aussagen, in welche Richtung ein Schock das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht verändert, sind im Rahmen von Computersimulationen konkrete quantitative Aussagen über Peaks und Halbwertzeit der Störungen möglich. Die dynamische Betrachtung erlaubt (bei korrekter Kalibrierung) eine  sinnvolle Quantifizierung von systeminhärenten Stabilisierungsmechanismen. Ein weiterer, wenn nicht sogar der  wichtigste Vorteil einer dynamischen Analyse ist die Form der Ergebnisse. Diese Ergebnisse liegen als Zeitreihe  vor und erlauben den sofortigen Vergleich zu den in den Medien präsentierten Daten. Somit kann das Nutzungsdefizit, welches sich bei einer rein komparativ-statischen Analyse ergibt, vermieden werden. Vor  diesem Hintergrund werden im Rahmen des eLearning-Projekts auch entsprechende Modelle visualisiert, die zur  Ausbildung in den Master-Studiengängen eingesetzt werden können.

Projektstatus

Das Projekt konnte gegenüber der ursprünglichen Planung und der Beantragung der Mittel aus dem HeineComp-Förderprojekt 2011-II nicht zum 01.10.2011 starten, sondern wird erst seit Anfang 2012 umgesetzt.Alle Modellebenen werden mithilfe von Java-Applets umgesetzt und werden dann auf den Internetseiten der Projektleitung (Michler / Smeets) zur Verfügung gestellt. Die technische Realisierung auf den neuen Internetseiten der Fakultät sind bereits mit dem ZIM und der Abteilung Kommunikation vorbesprochen worden. Vor diesem Hintergrund ist auch die Entscheidung für eine Umsetzung auf Basis von Java getroffen worden. Da die beiden ersten Modellebenen in den makroökonomischen Lehrbüchern üblicherweise nur verbal erläutert und dann in Grafiken umgesetzt werden, ist im Vorfeld der Java-Umsetzung zunächst eine „Quantifizierung“ der Modelle erforderlich. Vor diesem Hintergrund waren auf der fachlichen Ebene erhebliche Vorarbeiten notwendig, bis die ersten Umsetzungen in Java erfolgen konnten. Die fachlichen Vorarbeiten sehen auch eine Umsetzung der Modelle in MS Excel vor, um potenzielle Fehlerquellen bei der Quantifizierung auszuschließen und eine zufriedenstellende Kalibrierung der Modelle zu erreichen. Das Projekt befindet sich noch in der Entwicklungsphase. Die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung sowohl der komparativ-statischen als auch der dynamischen Modelle in Java sind allerdings weitgehend abgeschlossen. Im Bereich der komparativ-statischen Modelle sind wir inzwischen in der Lage, die makroökonomischen Kurven in den IS-LM-FE-Modellen bzw. in den AS-AD-Modellen abzubilden und interaktive Veränderungen in der Parametrisierung vorzunehmen. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft einen Screenshot der Java-Umsetzung für ein einfaches IS-LM-Modell. Mithilfe der Regler auf der rechten Seite kann die Lage und die Neigung der ISKurve interaktiv angepasst werden.

Die ersten IS-LM-FE-Modelle und AS-AD-Modelle für eine geschlossene und eine offene Volkswirtschaft sind in MS Excel vorprogrammiert worden. Die nächste Phase bis zum Beginn des Wintersemesters 2012/2013 beinhaltet eine Konvertierung der Berechnungen, der Eingabe- und Ausgabefelder in die Java-Plattform. Im Fokus der Umsetzung stehen die AS-AD-Modelle, die für ein Wahlpflichtmodul in den Bachelor-Studiengängen vorbereitet werden sollen. Die Aufgabe des Programmierers besteht gegenwärtig darin, die Benutzerfreundlichkeit der Java-Applets zu verbessern (farbliche Darstellung der Kurven, Verbesserungen der Beschriftungen etc.).
Das folgende Beispiel beschreibt die Simulation eines AS-AD-Modells für offene Volkswirtschaften mit festen Wechselkursen und semi-rationalen Erwartungen (Details siehe Anlage) und basiert auf dem Lehrbuch Sorensen / Whitta-Jacobsen (2010: 754ff.). Die erste Abbildung beschreibt die Umsetzung in MS Excel. In der zweiten Abbildung sind auf Basis der Excel-Sheets die ersten Java-Applets programmiert worden. Die Aufgabe des Programmierers besteht gegenwärtig darin, die Benutzerfreundlichkeit der Java-Applets zu verbessern und die grafische Darstellung in der Qualität der Excel-Abbildungen sicherzustellen.

Der Einsatz der interaktiven Modelle ist erstmalig im Bachelor-Wahlpflichtmodul „Markt und Staat: Stabilitätspolitik“ (Michler) während des Wintersemesters 2012/2013 geplant. Zu diesem Zweck wird die Veranstaltung verstärkt auf die Lehrbücher von Cowen / Tabarrok (2012), Gärtner (2009), Mankiw (2011) und Sorensen / Whitta-Jacobson (2010) ausgerichtet. Im Vordergrund der Veranstaltung steht die Analyse prozesspolitischer Maßnahmen (Geld- und Fiskalpolitik) in geschlossenen und offenen Volkswirtschaften. Da die Teilnehmer des Wahlpflichtmoduls (3. oder 5. Fachsemester) bereits mit der IS-LM-Analyse vertraut sind (Gegenstand des 2. Semesters), liegt der Fokus auf der AS-AD-Analyse in offenen Volkswirtschaften. Vor diesem Hintergrund steht der Aufbau dieser Modelle bis zum Beginn des Wintersemesters im Vordergrund der weiteren Arbeiten. Die dynamischen Modelle sollen – sofern bereits möglich – sporadisch in den Teilmodulen „Devisenmärkte“ (Smeets) und „Finanzmärkte und –institutionen“ (Michler) des Master-Wahlpflichtmoduls „Internationale Finanzmärkte“ eingesetzt werden. Neben den Modellen werden parallel Fallstudien, Foliensets und Multiple Choice-Tests für das Wintersemester 2012/2013 entwickelt.

Verantwortlichkeit: