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Interaktive Abstimmungselemente in juristischen Vorlesungen

 

Ausgangssituation

Insbesondere in großen Vorlesungen mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist es schwierig, die Studierenden aktiv zu beteiligen. Durch Wortbeiträge können nur wenige Studierende eingebunden werden. Auch ist die Hemmschwelle, sich zu Wort zu melden, gerade in den unteren Semestern oftmals hoch.

Der Einsatz interaktiver Abstimmelemente in juristischen Vorlesungen ist bisher nicht verbreitet, bietet jedoch gerade großen Vorlesungen mit weit über 200 Teilnehmern jedem einzelnen Studierenden die Möglichkeit, auch abseits von Wortmeldungen aktiv an der Vorlesung teilzunehmen.

Um die aktive Mitarbeit möglichst aller Studierenden zu ermöglichen, musste also ein System gefunden werden, das gleichzeitig die Hemmschwelle zur Beteiligung niedrig ansetzt und die didaktische und inhaltliche Einbindung sicherstellt.
Wertungsfragen regen zudem den Austausch mit den Studierenden im Gespräch an, wenn diese ihre Einschätzung zum Abstimmungsergebnis mitteilen wollen. Im Rahmen von „Wiederholungsfragen“ erhält die Dozentin unmittelbar eine Rückmeldung zum Lernerfolg.

Genutzt wurde das Abstimmsystem in den Vorlesungen „Grundzüge des Europarechts“ im 3. mit rund 300 Teilnehmern und in der Schwerpunktbereichsvorlesung „Recht des Europäischen Binnenmarktes“ im 6. Semester mit rund 60 Teilnehmern.

 

Umsetzung

Die Wahl fiel schnell auf das EdiVote-Abstimmsystem. Beim Einsatz dieses Systems erhält jeder Studierender zu Beginn jeder Vorlesung kleine Fernbedienungen ausgeteilt.

Dieses System wird nun seit 2016 eingesetzt. Es ist Teil eines die Präsenzveranstaltung ergänzenden eLearning-Konzepts, das aus den Abstimmungen und einer eLearning-Arbeitsgemeinschaft mit Angeboten zur Falllösung, Wiederholung und fachlichen Vertiefung besteht.

Jede Vorlesungseinheit begann mit Wiederholungsfragen zum Stoff der vorherigen Einheit. Auf diese Art und Weise wurde einerseits das bisherige Wissen rekapituliert und gefestigt, andererseits aber auch sichergestellt, dass die Inhalte der vergangenen Stunde als Grundstock für die folgenden, weitergehenden Erörterungen bereits präsent waren und so effektiv auf diese aufgebaut werden konnte.

Innerhalb der Vorlesung werden – eingebunden in die PowerPoint Präsentation der Dozierenden – Fragen verschiedenster Art gestellt. Die Antwortmöglichkeiten erscheinen gleichzeitig mit den Fragen. Nach „Freigabe“ der Abstimmung durch die Dozierende können die Studierenden mit „ihrer“ persönliche Fernbedienung Antwortmöglichkeiten auswählen. Das Ergebnis erscheint unmittelbar im Anschluss auf der PowerPoint-Folie und wird evaluiert und besprochen.

Die Abstimmung ist anonym.

Die gestellten Fragen sind vielfältig: Beispielsweise können Wiederholung, Vertiefung, Wertungsfragen, aber auch Ausblicke auf mögliche Entwicklungen Gegenstand sein. Weiterhin enthalten die Fragen Impulse zur selbstständigen Gesetzesauslegung und bieten den Studierenden Gelegenheit, bereits Gelerntes in Kurzfällen anzuwenden.

Die EdiVote-Abstimmungen basieren auf speziell dafür angelegten PowerPoint-Folien. Das unmittelbare Einbinden der Abstimmungsergebnisse erfolgt mittels eines PowerPoint-Plugins. Die Installation dieser Software, die Vorbereitung der Folien sowie die Organisation der Geräte vor und nach jeder Vorlesung bringen gegenüber einer Vorlesung ohne EdiVote-System einen erheblichen Mehraufwand mit sich.

 

Erfahrungen mit dem Einsatz

EdiVote wird seit dem Wintersemester 2016/2017 in den Vorlesungen „Grundzüge des Europarechts“ (3. Semester; ca. 300 Teilnehmer) und „Recht des Europäischen Binnenmarkts“ (6. Semester; ca. 60 Teilnehmer) sowie auch in verschiedenen Einzelveranstaltungen und -vorträgen eingesetzt. Hierbei ist bemerkenswert, wie große Aufmerksamkeit das System gerade in den ersten Vorlesungen erregt. Gerade zu Beginn des Einsatzes stellt sich häufig Unruhe unter den Studierenden ein. Mit dem Verlauf der Vorlesung (spätestens jedoch nach den ersten Veranstaltungen) sorgt EdiVote für einen bisher nicht erreichten Grad an Aktivität und Partizipation der Studierenden.

Eine erste Zwischenrückmeldung zum Einsatz des Systems erfolgte via EdiVote in den Vorlesungen. Dabei sprachen sich 95 % der Studierenden in der Vorlesung „Recht des Europäischen Binnenmarktes“ für den weiteren Einsatz aus.

In der Vorlesung „Grundzüge des Europarechts“ betrug die Zustimmungsquote im WiSe 2019/2020 sogar 100 %.

In den ausführlichen Modulevaluationen lobten die Studierenden vor allem die Möglichkeit, sich aktiver, aber dennoch anonym einbringen zu können, sowie ein unmittelbares Feedback zum aktuellen Leistungsstand zu erhalten. Sie berichteten ferner von einer wacheren, aktiveren Lernatmosphäre.

Auch außerhalb des reinen Abstimmungsprozesses waren die Effekte von EdiVote überaus positiv. Die Studierenden betonten, dass das Klima der Vorlesung im Vergleich zu anderen, in gleicher Zusammensetzung stattfindenden Veranstaltungen, ein sehr viel offeneres sei.

Einzelne Abstimmungsergebnisse konnten auch als Anstoß zu Gesprächen im Anschluss an die Veranstaltung dienen

Es zeigt sich, dass neben der Beteiligung durch Abstimmungen auch die Hemmschwelle der Studierenden, Nachfragen zu stellen und zu argumentieren, gesenkt wurde.

 

Individualisierungsmöglichkeiten

Die Möglichkeit der Differenzierung der Fragen ermöglicht eine effizientere Anpassung der Vorlesungsinhalte auf das Auditorium: In den Abstimmungsergebnissen zu Wiederholungsfragen werden möglicherweise noch bestehende Verständnisschwierigkeiten klar, die unmittelbar im Anschluss, im Rahmen der Besprechung, geklärt werden können.

Hier erweist sich die Anonymität der Abstimmung als unschätzbarer Vorteil. Nachfragen, die eindeutig einer Person zugeordnet werden können, würden wohl kaum in dieser Tiefe gestellt.

Weiterhin fällt gerade bei politischen Fragestellungen und Meinungsbildern im Hörsaal unmittelbar eine erhöhte Aufmerksamkeit und Präsenz der Studierenden auf, was sich in einer besonders regen Partizipation widerspiegelt.

 

 

Fazit

Der Einsatz von EdiVote-Systemen erfordert gerade in der Vorbereitung und Erstinstallation einen erheblichen Mehraufwand. Dieser wird jedoch mit zunehmendem Einsatz geringer, bleibt aber gegenüber einer Vorlesung ohne EdiVote insbesondere wegen des Betreuungs- und Durchführungsaufwandes erhöht.

Zusammenfassend lässt sich jedoch festhalten, dass die erhöhte Konzentration und Motivation der Studierenden, die mit einem erhöhten Lernerfolg einhergehen, den Mehraufwand rechtfertigen.

EdiVote wird im Rahmen der durch die ELFF-Förderung eröffneten Möglichkeiten auch weiterhin eingesetzt werden.

Verantwortlichkeit: