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Koloniale Verbindungen: Deutschland/Kamerun – Internationale Kooperationsplattform

Ausgangssituation und Gründe für den Einsatz von eLearning

Eine Unterstützung durch eLearning wurde benötigt, um eine bereits (z.B. über Exkursionen) aufgebaute Forschungskooperation zwischen Studierenden der Geschichte und der Medienkulturwissenschaft aus Düsseldorf und Studierenden der germanistischen Literatur- und Kulturwissenschaft aus Dschang (Kamerun) über den Gegenstand „Deutscher Kolonialismus in Kamerun“ virtuell weiterzuführen. Bisherige Erfahrungen (beim kollaborativen Filmen und Forschen) hatten gezeigt, dass der Austausch auf Augenhöhe und die weitere Zusammenarbeit nach den direkten Begegnungen während den Exkursionen nur sehr schwer aufrechtzuerhalten waren. Das Projekt sollte dazu beitragen, die Kontakte ohne weitere Reisen über eLearning-Anwendungen weiterzuführen und den Studierenden einen selbstgesteuerten transnationalen Austausch zu ermöglichen. Im Unterschied zu den vorangegangen Projektphasen sollte der Einfluss der kamerunischen Studierenden auf die Erarbeitung der Ergebnisse des „forschenden Lernens“ im Dialog mit der deutschen Seite gestärkt werden.

Ziele & Zielgruppen

Das Ziel des Projekts war in erster Linie, ein „Empowerment“ insbesondere der kamerunischen, aber auch der deutschen Studierenden zu ermöglichen. Denn die transnationale Zusammenarbeit sollte eine Leitidee des vorherigen Projekts weiterschreiben: die Verschränkung der deutschen und kamerunischen Perspektiven auf die kolonialen Verbindungen zwischen Deutschland und Kamerun, ohne bestimmte Blickwinkel zu privilegieren.

1.) wurde dazu ein nachhaltiger virtueller Beitrag zum eigenständigen dialogischen Erarbeiten von Forschungsergebnissen im Team (in Phase 1 am Beispiel eines Katalogs und eines Films) geleistet;

2.) hat dies in Form von „forschendem Lernen“ die Studierenden motiviert. So konnten stillere Teilnehmer/innen in der Gruppe aktiviert werden;

3.) wurde die Kompetenz im Aushandeln und Fixieren von Arbeitsergebnissen im transnationalen Team gestärkt;

4.) wurden die Studierenden mit unabhängigem problem- und materialorientierten Lernen konfrontiert;

5.) sie lernten damit die bis heute andauernde Bedeutung und Komplexität kolonialer Verbindungen kennen. Gerade im Kontext aktuell geführter Debatten um den Umgang mit der deutschen Kolonialgeschichte (Stichwort: Humboldt-Forum, Koloniales Raubgut) kommt dem große gesellschaftliche Bedeutung zu.

Umsetzung

In der ersten Förderphase wurde Sciebo benutzt, um eine Online-Textverarbeitungsplattform aufzubauen. Ständig begleitet wurde diese Erarbeitungsphase von einer wissenschaftlichen Hilfskraft mit BA in Deutschland und zwei kamerunischen MA Studienabsolvent_innen (mittels Werkverträgen). Sciebo wurde als Forum eingesetzt, um den deutschen und kamerunischen Studierenden die transnationale Zusammenarbeit und den Dialog über die Konzeption, die Textarbeit und die Ausgestaltung eines Ausstellungskatalogs auf Augenhöhe zu ermöglichen. Online gestellt wurde dazu zunächst ein Torso des geplanten Katalogs, der sukzessive vervollständigt wurde. Ergänzend erfolgte auch die Arbeit an einem zweiten Film (Schnitt, Postproduktion) im Dialog mit Kamerun (geplant über eine entsprechende Kommentarfunktion in Vimeo).

Schnell zeigte sich, dass die Plattformen, obwohl sie hinsichtlich des Einsatzes in Kamerun ausgewählt worden waren, für die kamerunische IT-Struktur zu mächtig waren. So diente die Textverarbeitungsplattform auf Sciebo letztlich als Downloadplattform und zum Festhalten der Ergebnisse, die von den beteiligten Hilfskräften auf ganz verschiedenen Kanälen (in Kamerun: WhatsApp, in Deutschland: E-Mail) zusammengetragen wurden. Dabei entstanden, v.a. von kamerunischer, aber auch von deutscher Seite sehr interessante Formen kritischer und sich auch wechselseitig widersprechender Kommentare zum „Work in Progress“ des Katalogs, die letztlich auch als Langzitate in den Katalog aufgenommen wurden.

Auch der Austausch über die Fortschritte des Videoschnitts wurde letztlich nicht über Vimeo geführt, sondern über informelle Kanäle ausgehandelt. Vimeo diente letztlich dazu, den Vorgängerfilm des Projekts koloniale verbindungen. deutschland – kamerun (der zur gleichen Zeit endgefertigt wurde) öffentlich auch für die Kameruner_inner präsentieren und zur Diskussion stellen zu können. Die deutschen Studierenden konnten in diesem selbstgesteuerten „forschenden Lernen“ Abschlussprüfungen für die vorangegangenen Präsenzseminare in Form von „Projektarbeiten“ erwerben. Diese wurden, wie in einem wissenschaftlichen Publikationsprojekt, von den beteiligten Dozierenden (Martin Doll, Stefanie Michels und der Hilfskraft Yagmur Karakis) korrigiert, lektoriert und so im Austausch publikationsreif gemacht. Die Virtualisierung der Kooperation ergänzt damit nicht nur die Seminaraktivitäten auf ideale Weise, sondern machte die transnationale Kooperation überhaupt erst dauerhaft möglich und sichtbar.

Das Projekt konnte über Phase 1 hinaus noch mit Restgeldern in eine weitere Phase 2 überführt werden: ein Tandemseminar zum Thema ›Europa provinzialisieren‹: Filme über die Verbindungen Deutschland–Kamerun (zusammen mit dem dortigen DAAD-Lektor Jörg Hartmann). Die bereits perfekt in das Projekt eingearbeitete Hilfskraft konnte, im Sommersemester 2019/20 finanziert aus Institutsgeldern, weiter beschäftigt werden. Mittels gemeinsamer Skype-Sitzungen, geteilter Notizen über die Software Padlet sowie mittels über Sciebo bereitgestellter Videobotschaften wurden über ein Semester lang symmetrisch in Kamerun und Deutschland Filme geschaut und im manchmal synchronen, manchmal asynchronen Dialog komplex hinterfragt und debattiert.

Insgesamt haben davon ca. 50 Studierende profitiert, und es konnte die nachhaltige Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit gelegt werden, von der wiederum zahlreiche zukünftige Studierende werden profitieren können. Ein weiteres Tandem-Seminar, sofern die dafür unbedingt nötigen Mittel für Hilfskräfte bereitstehen, ist für das Wintersemester 2020/21 in weiterer Zusammenarbeit mit dem DAAD-Lektor Jörg Hartmann angedacht.

Ergebnisse & Ausblick

Die Rückmeldungen der Beteiligten waren sehr positiv. So schreibt eine am Filmprojekt beteiligte Studentin kurz vor Abschluss: „Wir alle drei bringen das Projekt mit gutem Gewissen zu einem Ende, da es uns sehr ans Herz gewachsen ist.“ (Mail vom 9. September 2019). Persönliche Kommentare weiterer Studierender, die Projektarbeiten anfertigten, waren sehr lobend. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass die Studierenden innerhalb des Projekts motiviert wurden, deutlich mehr Energie in die Projektarbeiten zu investieren, als es normalerweise der Fall ist. Die Lehrveranstaltung ›Europa provinzialisieren‹ wurde durchweg positiv bewertet: 7 von 8 Studierenden, die an der schriftlichen Evaluation teilgenommen haben, erachteten die besuchte Lehrveranstaltung für äußerst „empfehlenswert“. Die schriftlichen Rückmeldungen sprechen für sich. So kam es zwar erneut zu, technisch bedingt, manchmal fehlenden Rückmeldungen aus Kamerun, wie ein kritischer Eintrag bezeugt: „Nicht ganz so reger Austausch mit Kamerun.“ Dennoch ist der Tenor weitgehend zustimmend, wie sich an folgenden Kommentaren zeigt: „Ganz besonders gefällt mir der direkte Austausch mit den Studierenden aus Kamerun.“; „Den Tandem-Aspekt finde ich sehr spannend […]“; „Durch das Seminar "Europa provinzialisieren" sehe ich mich in den Diskussionsrunden immer wieder mit unterschiedlichen Perspektiven konfrontiert, die mir jede Woche zu einer reflektierenderen Haltung verhelfen. Am besten gefällt mir die Diskussionskultur auch mithilfe moderner Technik. Den Austausch mit Studierenden aus Kamerun finde ich sehr spannend und einzigartig.“; „Außerdem gefällt es mir, dass wir im Kontakt mit den Studierenden aus Kamerun sind.“ (Zitate aus Auswertungsbericht zur Lehrevaluation Nr. 183945 im WS19/20).

Ein Fazit für zukünftige Projekte ist, dass der personelle Aufwand keinesfalls unterschätzt werden darf. Die technischen Plattformen müssen auf beiden Seiten fortwährend durch Hilfskräfte kompetent begleitet werden (sie laufen nicht von selbst).

Ergänzendes Anschauungsmaterial

Der Film "Koloniale Verbindungen. Deutschland – Kamerun" findet sich in einer deutschen Version hier: vimeo.com/321606139, die internationale Version Germany-Cameroon. Colonial Connections findet sich hier: https: //vimeo.com/321608172

Verantwortlichkeit: