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E-Learning: Wissenschaftsethik I & II

Projektleitung: Dr. Alexander Christian

Ausgangssituation / Gründe für den Einsatz von E-Learning

Studierende in Bachelor- und Masterstudiengängen, die an der HHU angeboten werden, müssen in der Regel im Rahmen eines fächerübergreifenden Wahlpflichtbereichs bzw. Studium Universale die erfolgreiche Teilnahme an berufsqualifizierenden Lehrangeboten nachweisen. Für Studierende bedeutet diese Anforderung, dass sie sich neben den Inhalten ihres eigentlichen Fachstudiums komplementäre fachfremde Inhalte aneignen müssen und sich in der Planung individueller Stundenpläne eine terminliche Konkurrenzsituation zwischen fachwissenschaftlicher und komplementärer berufsqualifizierender Ausbildung ergibt. Für Studierende besteht dann die besondere Herausforderung, mit ihren knappen zeitlichen und kognitiven Ressourcen den Ansprüchen ihres Fachstudiums zu genügen und gleichzeitig die Anforderungen in Lehrveranstaltungen zu erfüllen, die mit unvertrauten Inhalten und Lernsituationen einhergehen.

Im QVM-Projekt Wissenschaftsethik der empirischen Disziplinen werden seit 2020 Lehrveranstaltungen in einem Umfang von 12 SWS pro Semester für Studierende aller Fachbereiche angeboten. Sie decken ein großes Spektrum an Themen ab, nämlich gute wissenschaftliche Praxis, moralische Probleme und soziale Verantwortung der Wissenschaft, Publikationsethik der Wissenschaft, Wissenschaftskommunikation, Bioethik (Medizin-, Tier-, Umwelt-, Klima-, Genomethik) sowie Ethik der Informatik. Kooperationen in der Lehre bestehen mit den Fachbereichen Informatik, Medizin sowie Wirtschaft (PPE) an der HHU. Verwendet werden in diesem Lehrveranstaltungen Unterrichtskonzepte, die auf niedrigschwellige affektive und kognitive Lernziele ausgerichtet sind, etwa den Erwerb von Problembewusstsein, Kenntnis von zentralen forschungsethischen Konzepten und Ansätzen sowie die Verbesserung der Analyse- und Diskussionsfähigkeit in Hinblick auf moralische Probleme in Forschungs- und Publikationsprozessen.

Mit dem Einsatz von eLearning, welches komplementär zur Präsenzlehre eingesetzt wird, kann auf die oben skizzierte Ausgangslage der Studierenden konstruktiv reagiert werden. Insbesondere der Einsatz von eLearning-Material, welches zur eigenständigen Vor- und Nachbereitung des Moduls Grundlagen der Wissenschaftsethik dient, erscheint hierbei sinnvoll, weil es primär von Studierenden im ersten und zweiten Studienjahr belegt wird, die besonders von kognitiv niedrigschwelligen und anwendungsbezogenen Lehrmaterialen profitieren und durch die fachlich anspruchsvolle Ausbildung in integrierten Studiengängen nur geringe Freiheitsgrade in der Studienplanung haben.

Dank der Förderung von eLearning-Material zur asynchronen Vor- und Nachbereitung unserer Lehrveranstaltungen über gute wissenschaftliche Praxis (Wissenschaftsethik I) und moralische Probleme der Wissenschaft (Wissenschaftsethik II) konnte ein signifikanter Nutzen für motivierte Studierende erzeugt werden. Das produzierte Lehrmaterial, welches auf der Lernplattform ILIAS implementiert wurde, umfasst:

 

  1. Foliensätze für Lehrvorträge (ein Vortrag pro Sitzung, 30 Minuten)
  2. Lektürefragen und Arbeitsblätter zu einer Auswahl an kurzen Fachartikeln
  3. hypothetische Fälle zur Analyse und kritischen Diskussion im Plenum
  4. Videos mit Experteninterviews und Zusatzmaterial zu ausgewählten Themenschwerpunkten

 

Sprecher_in                                                                                       Themenschwerpunkte

  • Dr. Anja Krümpelbeck (HHU)                                              Diversität in Forschung und Lehre
  • Dr. Aljoscha Berve (Stammzellnetzwerk.NRW)       Stammzellforschung
  • Mara Bierbach, M.A. (Deutsche Welle)                         Konstruktiver Journalismus
  • Clara Bleicker, M.A. (Deutsche Welle)                           Wissenschaftsjournalismus
  • Tamara Karvang M.A. (HHU)                                               Bürgeruniversität der HHU
  • Dr. Daniel Minkin (Universität Wuppertal)                Verschwörungstheorien
  • Prof. Dr. Christian Tagsold (HHU)                                    Ombudsperson der HHU
  • Dirk Fleischer M.A. (HHU ULB)                                        Forschungsdatenmangement
  1. Reader mit Kapiteln aus Lehrbüchern (Open-Access)
  2. Online-Test zur Lernkontrolle
  3. Prüfungsunterlagen
    1. Modulabschlussprüfung in Form einer Präsenzklausur
    2. Liste mit Essaythemen / Referatsthemen
    3. Bewertungsbogen für studentische Leistungen / Hilfestellung in der Schreibberatung

 

Zusätzlich zum Lehrmaterial (siehe Material 1-5) wurde noch ein detaillierter didaktischer Kommentar zur Lehrveranstaltungsplanung erstellt, um Lehrkräfte zu unterstützen. Er umfasst für beide Veranstaltungen eine sequenzielle Stundenplanung, differenziert nach Zeit, Unterrichtsphase, Lernzielen, Sozialform und Medieneinsatz, samt Anhang mit typischen Methoden für verschiedene Unterrichtsphasen (siehe Anhang). Die von studentischen Daten bereinigte Fassung der ILIAS-Kurse wird zeitnah auf der zurzeit in Entwicklung befindlichen OER-Plattform veröffentlicht.

Ziele & Zielgruppen

Ziel der ELFF-Maßnahme war die Entwicklung von eLearning-Material zur Vor- und Nachbereitung der oben genannten Lehrveranstaltungen. Hierdurch sollten insbesondere (a) eine nachhaltige, forschungsnahe und medial ansprechende Materialgrundlage, (b) die Verbesserung der Studierbarkeit durch Lern-Module zur Unterrichtsvorbereitung und zum Selbststudium sowie (c) die Sichtbarmachung der HHU als Förderin und Entstehungsort von forschungsnahen und didaktisch ausgereiften OER-Materialien erreicht werden. Die Herstellung von Bezügen zur Forschung wurde dabei insbesondere durch die Produktion von Experteninterviews (siehe oben) und Lehrmaterial zur selbstständigen Bearbeitung von Themenschwerpunkten aus der Wissenschafts- und Bioethik gewährleistet. Die Lernziele umfassen folgende Fähigkeiten:

Kognitive Lernziele

  1. Kenntnis zentraler Konzepte der Forschungsethik, Publikationsethik und Bioethik
  2. Definition und Illustration zentraler wissenschaftsethischer Konzepte
  3. Anwendung von Standes- und Prinzipienethiken der Wissenschaft
  4. Analyse einfacher epistemischer und moralischer Probleme in Forschung- und Publikationsprozessen
  5. Begründung wissenschaftsmoralischer Bewertungen

Affektive Lernziele

  1. Identifikation mit moralischen und wissenschaftlichen Rollenvorbildern
  2. Reflektierter Aufbau eines individuellen Wertesystems
  3. Förderung der wissenschaftsmoralischen Urteilskompetenz
  4. Handeln nach individuell erkannten bzw. institutionell vorgegebenen wissenschaftlichen Werten

Die Lehrveranstaltungen zur Wissenschaftsethik können von Studierenden aller Fachbereiche besucht werden. Fachspezifische Vorkenntnisse werden nicht vorausgesetzt, wohl aber die Bereitschaft zur selbstständigen Vor- und Nachbereitung (via eLearning) und die aktive Teilnahme an den Diskussionen im Präsenzunterricht. Pro Studienjahr ist eine Kapazität von max. 90 Personen didaktisch sinnvoll realisierbar.

Umsetzung

Entwicklung des Lehrmaterials: Ausgangspunkt des Projekts waren die bereits vorhandenen Lehrpläne zu den Lehrveranstaltungsiterationen des Vorjahres. Während der Vorlesungszeit im WiSe 2022 / 2023 und SoSe 2023 wurde im Rahmen der Präsenzlehre das Material zum eLearning entwickelt, zentral waren dabei (a) die Anpassung des textbasierten Materials an das durchschnittliche Leistungsniveau der Studierenden, (b) die Berücksichtigung der Interessen der Studierenden und (c) die Identifikation von Wissenslücken bei den Studierenden. Am Ende der Vorlesungszeit wurde das neu erstellte Lehrmaterial revidiert, dabei wurde insbesondere auf die Angleichung von Lernzielen und hochschuldidaktischen Methoden geachtet. Parallel zur Entwicklung des textbasierten Materials wurden zu ausgewählten Themen Interviews mit Expert_innen durchgeführt, das Videomaterial den Lernzielen entsprechend der Lernziele editiert und in eine medial ansprechende Form gebracht. Der Rohschnitt der Videos wurde den Sprecher_innen zur Kommentierung und Freigabe vorgelegt.

Curriculare Implementierung: In den Lehrveranstaltungen wurde eLearning-Material zur Vor- und Nachbereitung entwickelt und mit einem angepassten phasierten Lehrmodell im Präsenzunterricht kombiniert, wodurch eine stärkere Lenkung des Lernprozesses durch die Lehrkraft bewirkt und gleichzeitig mehr Freiheiten für die Studierenden ermöglicht werden können. Ferner kann so zukünftig auf Defizite im Vorwissen, fehlende Eigenmotivation und Lerngruppen mit heterogenem Leistungsprofil besser reagiert werden.

Im Rahmen der Vorbereitung einzelner Sitzungen müssen die Studierenden pro Woche neben der Lehrbuchlektüre einen kurzen Fachartikel (2-5 S.) aus naturwissenschaftlichen Fachzeitschriften (mehrheitlich Science und Nature) zu einem wissenschafts- oder bioethisch aktuellen Thema lesen und sich mit einer hypothetischen Fallstudie beschäftigen. Zur Lektüre und zur Fallstudie sind jeweils kurze Antworten auf Leitfragen in ILIAS zu formulieren, die nach dem Lehrvortrag (Erarbeitungsphase) in der Vertiefungsphase des Präsenzunterrichts besprochen werden. Im Rahmen der Nachbereitung kann ein ILIAS-Test zur Lernkontrolle wahrgenommen werden, welcher der Ergebnissicherung dient. Übrige Kapazitäten können die Studierenden auf eigenverantwortliches Lernen mit Videomaterial und die Anfertigung von Projektarbeiten und Essays richten, hier wurden auch Materialhinweise der Expert_innen eingebracht. Studierende erhalten auf freiwilliger Basis eine Schreibberatung (nach Ulmi et al. 2017) und werden zur Anfertigung von Essays zu wissenschafts- und bioethischen Themen angeregt, die einen fachlichen Bezug zum Hauptstudienfach aufweisen. Diese Maßnahme wurde insbesondere deswegen ergriffen, um neben selbstgesteuerten Lernprozessen mittels eLearning und Gruppenarbeit in der Präsenzlehre auch individuelle leistungsorientierte Lernziele zu fördern. Sequenzen des eLearning dienen in dieser Lehrplanung also im Wesentlichen der Erreichung der kognitiven Lernziele (1-4) und Verfolgung individueller Studienschwerpunkte. Höhere kognitive und affektive Lernziele werden im Rahmen diskursbasierter Verfahren erarbeitet.

Ergebnisse & Ausblick

Die Projektziele konnten mehrheitlich innerhalb der Laufzeit erreicht werden, jedoch zog sich aufgrund von notwendigen Revisionen der Lehrplanung und Terminfindungsschwierigkeiten bei der Videoproduktion die Fertigstellung in das WiSe 2023 / 2024. Die angestellten studentischen Hilfskräfte haben kompetent und engagiert an der Materialerstellung mitgewirkt. Einzelne Studierende haben sehr konstruktive Rückmeldungen zu Interessen, Vorwissen und Wissenslücken gegeben und damit Maßgeblich zur Entwicklung von Lehrmaterialien beigetragen. Schwierigkeiten in der Lehr- und Lernsituation umfassten den Umgang mit geringer Teilnahmebereitschaft, pädagogischen Maßnahmen bei Störverhalten im Präsenzunterricht, Hilfestellung im Umgang mit Krisensituationen, den Umgang mit Täuschungsversuchen und die Gewährleistung fairer Nachteilsausgleiche bei Studierenden mit Behinderung. Dank konstruktiver Gespräche mit der Hochschuldidaktik konnten diesbezüglich Maßnahmen ergriffen werden, die sich bereits im Folgesemester bewährten.

Insbesondere das phasierte Unterrichtsmodell in der Präsenzlehre wurde von den Studierenden in informellen Gesprächen als lernförderlich beschrieben, ebenso wurden Fallstudien und die Lektüre von kurzen Fachartikeln laut leistungsstarken Teilnehmer_innen als anschaulich und forschungsrelevant eingeordnet. Die Kursmaterialien wurden so angelegt, dass sie auch in Folgejahren im gleichen Modul wiederverwendet werden können. Eine regelmäßige systematische Evaluation des Lehrmaterials ist ab dem SoSe 2024 geplant. Die während der Materialerstellung eingeholte Rückmeldung der Studierenden zeigt, dass die größeren Freiheitsgrade in der Vor- und Nachbereitung sowie das Aufgreifen von kompakten Fallstudien in Kombination mit sehr kurzen Lektüreeinheiten im Unterricht eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Format der Frontalvorlesung bedeutet.

Verantwortlichkeit: